Wir sind Meister einer Fähigkeit, die uns allen innewohnt, die aber viele Menschen in unserer Welt voller Ablenkung verlernt haben. Man vermag, in tiefe Konzentration zu versinken und optimiert damit eine der wichtigsten Ressourcen unserer Zeit: Aufmerksamkeit, ein kostbares, rares Gut.

Viele Menschen haben heute keine innere Ruhe mehr. Sie sind nur noch von Stress getrieben und machen sich selbst zu viel Druck im Leben. Sie wollen zu viel und denken nicht darüber nach, ob ihre Ziele nachhaltig und sinnvoll sind. In unserer Arbeitswelt scheint konzentriertes Arbeiten kaum noch Platz zu haben. Die ständige Erreichbarkeit und die häufigen Unterbrechungen durch Smartphone und E-Mail sind der größte Feind der Konzentration. Konzentration wiederum ist unser wichtigstes Kapital in einer Wissensgesellschaft. Wer in unserer Gesellschaft etwas erreichen will, muss wieder lernen, sich völlig in eine Aufgabe zu vertiefen – und öfter mal abschalten.

Multitasking ist ineffizient und führt leicht zu Fehlern

Wer ein Buch ließt und zugleich seinem Partner zuhört, wird es bemerken. Solange die Erzählung des Gegenübers einfach ist, ersetzt das Gehirn fehlende Informationen automatisch. Wenn die Geschichte jedoch komplizierter wird, muss man innehalten mit dem Lesen und aufmerksamer zuhören. Das gilt ebenso zum Beispiel für die Krankenpflegerin, die die Medikamentengabe für eine Patientin dokumentieren wollte, rasch auf das Klingeln eines anderen Patienten reagiert und sich hinterher nicht mehr daran erinnert, ob sie nun der Patientin die Medikamente gegeben hat oder nicht. Es ist wie bei einem alten Computer. Wenn er mehrere Programme gleichzeitig öffnen muss, wird er langsamer. Das passiert auch unserem Gehirn. Wir können unseren Arbeitsspeicher leider nicht erweitern und haben nur begrenzt geistige Kapazitäten, mit denen wir Informationen verarbeiten können. Außerdem muss sich das Gehirn auf jede Aufgabe neu einstellen. Und so verlieren wir Zeit, die das Multitasking eigentlich sparen soll.

Multitasking verleiht das Gefühl, all die ausstehenden Aufgaben schneller abzuschließen. Wer sich ständig ablenken lässt oder häufig zwischen den Aufgaben wechselt, verliert die Fähigkeit, sich länger auf eine Arbeit zu konzentrieren und Prioritäten zu setzen. Das Gehirn verlangt stattdessen nach immer neuen Reizen. So geht es Menschen, die bei jedem Piepen in der Hosentasche das Handy zücken, selbst wenn sie sich gerade mit jemanden unterhalten. Sie sind geradezu abhängig von dem Glücksgefühl, das sie überkommt, wenn sie der Ablenkung nachgeben und lieber rasch noch etwas erledigen.

An den Grenzen des Gehirns

Konzentration auf eine einzige Tätigkeit funktioniert etwa dann am besten, wenn eine Aufgabe interessant und herausfordernd ist. Wenn die Information, mit der wir uns aktuell auseinandersetzen, all unsere Konzentrationsfähigkeit in Anspruch nimmt und unser Gehirn auslastet, dann sind wir schwerer abzulenken. Wir hören, sehen, riechen und fühlen andere Reize also erst, wenn die Arbeit, mit der wir uns gerade beschäftigen, uns nicht ausreichend einnimmt. Gefährlich wird dieser Vorgang im menschlichen Gehirn etwa während des Autofahrens. Kaum jemandem wird es schwer fallen, beim Fahren mithilfe der Freisprechanlage zu telefonieren. Reden, hören und auf die Straße achten funktioniert parallel. Wenn aber die Situation ab der Kreuzung plötzlich brenzlig wird, dringen die Worte vom anderen Ende der Leitung nicht mehr zu uns durch, unser Fokus ist völlig auf die Straße gerichtet. Das ist natürlich gut. Wenn aber das Gespräch emotional wird und aus diesem Grund einen größeren Teil unserer Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, nehmen wir den Fußgänger, der zwischen zwei Autos auf die Straße läuft, womöglich nicht mehr rechtzeitig wahr.

Worauf wir uns konzentrieren, bestimmt unser Leben

Ungezählte Eindrücke buhlen in jedem Moment um unsere Aufmerksamkeit. Ob wir unsere Ziele im Beruf und in der Freizeit erreichen, hängt entscheidend davon ab, wie wir unser Augenmerk diesen Verlockungen entreißen können, um es auf das zu fokussieren, was uns wirklich wichtig ist. Oder ob wir es zulassen, dass unsere Aufmerksamkeit ständig vom Piepen des Mobiltelefons und von Youtube-Videos zersplittert wird.

Wenn wir in einer Pause den Blick heben und in die Ferne richten, gelingt uns es eher, die Konzentration auf das Wesentliche zu richten. Pausen dienen der Entspannung und dem Kräftesammeln, ohne die Aufmerksamkeit mit neuen Pflichten zu belasten. Eine Pause ist also nicht dazu da, sich mit Kollegen über ein anderes Projekt zu unterhalten. Über die jüngsten Fußballergebnisse oder das vergangene Wochenende kann man dagegen reden. Auch wer ein Buch liest, einen Kaffee trinkt oder eine Runde um den Block rennt, kurz: Wer tut was den Kopf nicht mit neuen Aufgaben füllt, nutzt eine Pause richtig und kann sich danach weiter auf die aktuellen Aufgaben konzentrieren. Nur wer Pausen einplant, kann die Konzentration hoch halten.